Shit Happens!
- Laura
- 28. Feb. 2021
- 5 Min. Lesezeit
„Shit Happens“ – bedeutet soviel wie „Unvorhersehbare Ereignisse gehören zum Leben dazu“. Aber außer Frage steht, dass sie einfach immer ungelegen kommen.“ Meist kommen sie sogar nicht nur ungelegen, sondern passieren auch noch genau dann, wenn man sie grad absolut nicht gebrauchen kann. Aber wenn wir mal ehrlich sind, ist unser Alltag als Alleinerziehende ohnehin schon immer am Limit. Den richtigen Zeitpunkt für Unvorhersehbares gibt es demnach sowieso nicht.
So würden wir niemals eine Einladung an die Verwaltung der „Shit Happens-Zentrale“ verschicken, mit der Info: „Jetzt würde es mir grad gut passen, den „Shit“, easy zu verkraften“.
Aber was denn überhaupt mir passiert sei, möchtet ihr wissen? Stimmt, das sollte ich euch erst einmal erzählen (lach):
Es war ein gewöhnlicher Mittwoch. Ich machte mich nach der Arbeit auf in Richtung Parkplatz mit dem Ziel einkaufen zu gehen. Am Parkplatz angekommen, bemerkte ich plötzlich, dass mein Auto nicht dort stand – wo ich es erwartete und wo es schließlich auch hingehörte – nämlich auf meinen reservierten Parkplatz. Doch ich blickte auf eine leere Parklücke – mein Auto war nicht da.
Ich fragte mich, ob ich ggf. woanders geparkt hatte? Oder hatte ich mein Auto verliehen? Beides leider Nein.
Ich wusste wie ich mich in Deutschland in so einer Situation verhalten musste, aber hier in der Schweiz - keine Ahnung. Ich entschloss mich dazu, das gleiche zu machen wie ich es in Deutschland tun würde: Die Polizei anrufen. Dein Freund und Helfer, der dir verraten würde wo dein Auto hingeschleppt wurde. Aber wie soll ich denn bloss die Polizei erreichen?, fragte ich mich. Etwa über die Notfallnummer? Ich wollte doch aber nicht die Leitung blockieren.
Ich wählte schließlich doch die Notfallnummer und – legte wieder auf. Gab es denn wirklich keine andere Möglichkeit? Ich googelte und rief die lokale Polizeistelle an. Aber es nahm keiner ab. Ok- in zwei Stunden musste ich spätestens meinen Sohn aus der Krippe holen. Also musste ich jetzt eine Entscheidung fällen.
Zugegeben, wäre der Vater meines Sohnes in unserem aktiven Alltag, dann hätte ich ihn angerufen und hätte ihn um Rat gefragt. Oder gesagt „Schatz, kannst du bitte unseren Sohn von der Krippe abholen? Es ist ein Notfall“. Aber da unter „Schatz“ in meinem Telefonbuch keine Person beziehungsweise Telefonnummer hinterlegt ist, konnte ich dies nicht tun. Ich musste also selbst entscheiden und wie immer alles gleichzeitig balancieren.
Und eigentlich ja auch ganz gut so, denn in einer Partnerschaft gebe ich oft einen Teil meiner Entscheidungsfreudigkeit sowie der Verantwortung ab.
In einer Partnerschaft würde ich sicher keine Superhelden-Auszeichnung erhalten. Anders als Alleinerziehende – hier steht uns sicher allen tagtäglich diese Auszeichnung zu.
Ich erinnere mich noch gut an einen früheren Arbeitskollegen. Ständig rief seine Frau an, um eine Frage zu klären. Da dieses Paar kinderlos war, ging es immer um etwas anderes. Regelmäßig holte sie ihn aus Meetings, wie auch das eine Mal, wo der Hamster gestorben war. Wer die Hosen in dieser Beziehung anhatte, musste man sich bei diesem Paar nicht fragen (schmunzel).
Ich bin wirklich ein tierlieber Mensch und ich verstehe auch, dass ein Hamster einem innerhalb von der Lebenserwartung von rund zwei Jahren ans Herz wächst. Aber wenn der Hamster dann an Altersschwäche stirbt, dann ist es etwas worauf sich die Dame hätte mental vorbereiten können. So steht dies wohl wirklich nicht im Verhältnis seinen Mann aus einem Meeting zu zitieren.
Aber zurück zu meinem nicht auffindbaren Auto. Wer jetzt sagt, dass ein abgeschlepptes Auto man doch bitte auch allein regeln kann, den gebe ich absolut recht. Nur verhalte ich mich in einer Beziehung einfach anders. Ich lebe dann unbewusst das Motto des „geteilten Leid ist halbes Leid“. Als Alleinerziehende dann aber im absoluten Gegensatz dazu: „ich schaffe das schon allein“. Genau genommen bleibt mir ja auch in den meisten Fällen nichts anderes übrig.
Immer noch nahm keiner den Hörer in der lokalen Polizeistelle ab. So musste ich dann wohl doch die Notfall-Nummer der Polizei erneut wählen. Hier nahm sofort eine Dame das Telefonat entgegen. Als erstes sagte ich, das es sich bei meinem Anruf um keinen Notfall handeln würde und schob aufgeregt hinterher: ich suche mein Auto und wollte mich erkundigen, ob die Polizei dafür zuständig sei. Sie bajate und stellte mir ein paar Fragen, sodass ich schließlich Gewissheit hatte, dass ich abgeschleppt wurde. Also genau genommen nicht ich, sondern mein Auto (lach). Sonst hätte ich jetzt nicht das Problem was sich hier grad abzeichnete.
Ziemlich schnell stellte sich heraus, dass jemand aus der direkten Nachbarschaft so freundlich war mein Auto abschleppen zu lassen. Versehentlich hatte ich mein Auto auf die Parkplatznummer 18 anstatt 16 gestellt. Keine Frage – mein Fehler. Und absolut kein Wunder bei all den Dingen die ich im Kopf habe. Aber muss man mein Auto deshalb umgehend abschleppen lassen? Ist es nicht möglich auf dem Besucherparkplatz zu parken und bei der Verwaltung zu erfragen, wer den Parkplatz angemietet hatte?
Es ärgerte mich am meisten, dass mein Auto innerhalb unserer Genossenschaft abgeschleppt wurde. Mein Puls schnellte deshalb auf 180. In einer Genossenschaft wohnen alle, die um eine günstige Miete froh sind und am Ende des Monats nicht dem Abschlepp-Service gern rund 600 CHF spenden wollten.
Ein anderer Nachbar – einer von den Guten- hatte mich dann zu dem Abschlepp-Service-Unternehmen gefahren und sogar noch gewartet bis ich die Tür zum Apschlepp-Büro auf dem Hinterhof auch gefunden hatte. Dies war dann doch noch das mitfühlende Gefühl, welches ich von dem nicht vorhandenene Partners mir wünschte. Es zeigte mir einmal mehr, dass auch Freunde einem das Gefühl von Zusammenhalt schenken konnten.
Der Abschleppmann hatte wohl auch Mitleid mit mir und bot mir an in Raten zahlen zu dürfen und zudem dürfte ich mein Auto trotzdem sofort mitnehmen. Wie großzügig, dachte ich. Vermutlich schockierte ich ihm, als ich ihn wissen liess, dass ich entweder Lebensmittel bis Monatsende kaufen könnte oder seinen „Service“ bezahlen könnte. Beides ging sicher nicht.
Er bot auf den Schrecken mir dann noch ein Bier an. Hätte ich nicht aufgepasst, so hätte der Abschleppdienst wohl mir dann auch noch seinen „Service“ angeboten. Also lieber schnell wieder raus da – natürlich ohne Bier.
Nachdem ich nun endlich in meinem Auto sass und 10 Mal tief ein und ausatmete starte ich das Auto und kam dann schliesslich doch noch zum Einkaufen. Mein Frust hatte dann aber die Federführung beim Einkaufen übernommen. Alle Vorsätze diesmal nichts Süßes zu kaufen waren über Bord geworfen. Meine Nerven entschieden sich dann für Schokolade und Chips.
Liebes Universum, was ich dich schon lange fragen wollte – hast du keine Excel Tabelle mit einem Gerechtigkeitsfilter, wo du Alleinerziehenden von solchen unnötigen Ereignissen verschonen kannst?
Aber so einen Gerechtigkeitsfilter scheint die Excel-Tabelle des Schicksals nicht zu haben.
Nun half nur noch mir mal wieder selber eine gute Freundin zu sein und mir zu sagen, dass dieses Ereignis zum Glück monetärer Natur war und wir immerhin gesund sind. So konnte ich mein Mind Set wieder richtig rücken und meinen Sohn beim Abholen aus der Kinderkrippe ein Lächeln schenken, welches nicht verriet was ich für aufreibende zwei Stunden nach meinem Feierabend bereits verbrachte.
Und so war ich sogar auch an diesem Abend fähig für etwas dankbar zu sein und formulierte meinen abendlichen Satz vor dem Schlafengehen: „Liebes Universum: Danke, dass wir gesund und munter sind, deine Laura!“

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